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Prokrastination
16.11.24

Prokrastination Deepdive: Ursachen, Folgen und Strategien

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Notiz: Dieser Blogpost enthält Affiliate Links. Diese sind mit "*" gekennzeichnet

Mehr als 20% der Menschen prokrastinieren regelmäßig - und ja, ich spreche aus persönlicher Erfahrung, denn dieser Artikel ist seit mindestens zwei Wochen überfällig. Denn dieses Phänomen betrifft nicht nur Schüler kurz vor einer Prüfung oder Arbeitskräfte, wenn Deadlines nahen, sondern jeden von uns früher oder später im Leben.

Doch wieso neigen wir dazu, Aufgaben aufzuschieben, obwohl uns die negativen Konsequenzen dessen bewusst sind? In diesem Artikel gehe ich der Prokrastination auf den Grund und erkläre neben den verschiedenen Ursachen und Folgen auch einige bewährte Strategien, die dabei helfen, das Aufschieben  im Alltag in den Griff zu bekommen.

Was ist Prokrastination

Prokrastination ist ein Verhaltensmuster, bei dem notwendige oder wichtige Aufgaben absichtlich verzögert werden, obwohl die negativen Konsequenzen bekannt sind. Daher handelt es sich bei diesem Phänomen um weit mehr als nur Faulheit (der reinen Abneigung gegen jegliche Aktivität) und ist oft das Resultat verschiedener psychologischer und emotionaler Faktoren.

Während das Aufschieben für eine kurzfristige Erleichterung sorgt, führt es langfristig zu Stress, Angst und weiteren Problemen aufgrund des steigenden Erledigungsdrucks.

Wie bereits erwähnt, betrifft Prokrastination alle Altersgruppen, wobei Jugendliche und junge Erwachsene besonders anfällig sind. Ein Grund dafür ist die noch nicht vollständig abgeschlossene Entwicklung des Gehirns, insbesondere in Bezug auf Selbstkontrolle und Entscheidungsfindung. Zudem verstärken hohe Anforderungen in Schule und Beruf, zusammen mit ständiger digitaler Ablenkung durch soziale Medien, diesen Effekt.

Präkrastination - das Gegenstück der Prokrastination

Die Präkrastination beschreibt den Drang, Aufgaben so schnell wie möglich zu erledigen, auch wenn der Zeitpunkt dafür weder optimal noch notwendig ist. Dies wird häufig getan, um ein Erfolgsgefühl herbeizuführen, oder Ängste die Aufgabe zu vergessen zu minimieren.

Jedoch ist auch dieses Verhalten problematisch, da voreiliges Handeln oft mit Fehlern einhergeht oder zu zusätzlichem Aufwand führt. Zudem werden wichtige Aufgaben häufig beiseite gelegt, da ständig neue, vermeintlich dringende To-dos zuerst erledigt werden.

Welche Arten von Prokrastination gibt es?

Prokrastination kommt, wie fast alles im Leben, in verschiedenen Arten und Formen. Je besser wir diese Typen verstehen und zuordnen können, desto leichter fällt es uns, diese in den Griff zu bekommen.

Aktive Prokrastination

Bei der aktiven Prokrastination schiebt eine Person Aufgaben bewusst auf, weil sie glaubt, unter Zeitdruck effizienter und produktiver arbeiten zu können.

Ein klassisches Beispiel hierfür ist das “Cramming” vor einer Prüfung:
Anstatt den Lernaufwand über zwei Wochen zu streuen, warten einige Schüler absichtlich bis zur letzten Nacht, um den vollständigen Stoff in wenigen Stunden “auf Lücke” zu lernen. (Schuldig)

Passive Prokrastination

Dem gegenüber steht die passive Prokrastination, die unbewusst und unfreiwillig stattfindet. Hier stehen fehlende Motivation, Klarheit und ein Gefühl der Überforderung im Vordergrund. Dir ist bekannt, was getan werden müsste, jedoch kann man sich nicht dazu überwinden.

Um bei unserem Schulbeispiel zu bleiben:
Der für die Prüfung relevante Themenblock scheint so umfassend und undurchsichtig, dass man nicht weiß, wo man mit dem lernen beginnen soll. Darum schiebt man die Aufgabe bis zum letztmöglichen Zeitpunkt auf.

Produktive Prokrastination: Ein Sonderfall

Bei dieser weniger bekannten Form des Aufschiebens wird die eigentliche Aufgabe durch das Erledigen von weniger dringenden Tätigkeiten hinausgezögert. Obwohl sinnvolle To-dos erledigt werden (ein klarer Vorteil gegenüber den anderen zwei Typen), vermeidet man die eigentliche Herausforderung.

Ein typisches Beispiel:
Anstatt an einer überfälligen Präsentation in nur wenigen Tagen zu arbeiten, entscheidet man sich, das Zimmer aufzuräumen, die Pflanzen zu gießen, und einkaufen zu gehen. (Ein komplett fiktives Beispiel ohne echte Grundlage  👀)

Psychologische und Emotionale Gründe für Prokrastination

Um nun etwas tiefer in die Ursachen von Prokrastination einzusteigen, betrachten wir die emotionalen und psychologischen Gründe dafür.

Emotionale Faktoren

Prokrastination ist oft das Ergebnis tiefliegender Emotionen, Einstellungen und Werte die unser Verhalten beeinflussen. Daher schauen wir uns eine Auswahl der häufigsten Ursachen genauer an.

Angstbasierte Ursachen

Angst vor Scheitern

Ein häufiger Auslöser für Prokrastination ist die Angst davor, Erwartungen nicht erfüllen zu können. Das Gefühl, einer Aufgabe nicht gerecht zu werden oder ein unterdurchschnittliches Ergebnis zu liefern, kann eine innere Blockade kreieren, die uns davon abhält, überhaupt zu beginnen.

Durch das Aufschieben der Aufgaben schützen wir unbewusst das  eigene Selbstwertgefühl. Denn wenn wir schließlich unter Zeitdruck arbeiten, und das Ergebnis nicht perfekt ist, lässt sich die Schuld einfach auf den Zeitmangel schieben und nicht auf unsere eigenen Fähigkeiten.

Angst vor Erfolg

Paradoxerweise kann auch die Angst vor Erfolg ein Grund für Prokrastination sein. Obwohl Erfolg normalerweise mit positiven Emotionen einhergeht, kann er auch höhere Erwartungen, neue Anforderungen, oder eine Veränderung des eigenen Umfelds mit sich bringen. Diese Ängste können so belastend sein, dass wir uns selbst sabotieren und vermeiden, eine neue Aufgabe zu erledigen.

Perfektionismus

Perfektionismus ist ein weiterer Faktor der Prokrastination begünstigt, und mein persönlicher Erzfeind. Durch das Setzen von unrealistischen Standards und der Angst davor, dass ein Ergebnis nicht den eigenen Erwartungen entspricht, zögert sich der Beginn einer neuen Aufgabe hinaus. Daher verfällt man oft in produktiver Prokrastination, um der eigentlichen Tätigkeit auszuweichen.

Es fällt oft schwer Entscheidungen zu treffen, da man nach der “besten Option” oder der “besten Strategie” sucht, um es gleich beim ersten Versuch richtigzumachen. Da es selten eine “beste” Lösung gibt und sich gute Resultate meist aus Trial-and-Error zusammensetzen, kommt es zu einem Teufelskreis der Aufschiebung.

Selbstzweifel und geringes Selbstwertgefühl

Ein Mangel an Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist ein weiterer Auslöser von Prokrastination. Wenn von Selbstzweifeln geplagt, fühlt man sich oft unfähig eine Aufgabe zu bewältigen, und hat Angst, dass das eigene Versagen als negative Bestätigung dieses Glaubens fungiert.

Ironischerweise führt das Prokrastinieren selbst zu einem weiteren Rückgang des Selbstvertrauens, da das eigene Aufschiebeverhalten als Versagen wahrgenommen wird. Somit entsteht ein Kreislauf der es zunehmend schwieriger macht, die ursprüngliche Aufgabe zu beginnen.

Geringe Motivation

Schlussendlich spielt auch mangelnde Motivation eine wichtige Rolle bei der Prokrastination. Wenn wir eine Aufgabe als uninteressant oder irrelevant einstufen, fällt es schwer die dafür notwendige Energie aufzubringen. Ohne ein übergeordnetes Ziel sehen wir keinen klaren Nutzen die Aufgabe zu erledigen und versetzen sie daher wiederholt zugunsten von Tätigkeiten, die sofortige Belohnungen bieten.

Psychologische Faktoren

Auch unsere Denkweise spielt neben den Emotionen eine entscheidende Rolle bei der Prokrastination. Im Folgenden betrachten wir einige der häufigsten mentalen Hürden:

Falsche Zeiteinschätzung

Die fehlerhafte Einschätzung, dass wir mehr Zeit zur Verfügung haben als tatsächlich vorhanden, oder dass eine Aufgabe weniger Zeit in Anspruch nimmt als in Wirklichkeit benötigt, verleitet oft zu aktiver Prokrastination.

Dieser optimistische Zeitplan verleiht ein falsches Gefühl von Sicherheit, sodass die Aufgabe bewusst aufgeschoben wird. Wenn die Deadline jedoch näher rückt, führt dies zur Erkenntnis, dass die Zeit nicht genügt.

Notiz: 2 Wochen sind nicht genug um das Semester zu retten

Entscheidungsmüdigkeit (Decision Fatigue)

Dieser Effekt tritt auf, wenn wir durch eine Vielzahl von Entscheidungen im Verlauf eines Tages mental erschöpft werden. Mit jeder zusätzlichen Entscheidung sinkt die Fähigkeit, rationale und klare Urteile zu fällen.

Als Folge dessen werden Entscheidungen hinausgezögert oder oft schlichtweg vermieden. Außerdem raubt uns die Erschöpfung die Willenskraft und Motivation, Aufgaben anzugehen.

Ablenkung

Ein unordentlicher digitaler oder physischer Arbeitsplatz macht es schwieriger sich auf die aktuelle Tätigkeit zu fokussieren. Der konstante Fluss von visuellen Reizen und Nachrichten (E-Mails, Social Media, …) führt dazu, dass wir wiederholt von der aktuellen Aufgabe abgelenkt werden, oder diese für andere To-dos nach hinten verschieben.

Des Weiteren baut sich durch das mehrfache Wechseln des Fokus schnell Entscheidungsmüdigkeit auf, was die Tendenz aufzuschieben weiter verstärkt.

Auswirkungen und Folgen von Prokrastination

Prokrastination hat sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen die das alltägliche Leben, die Karriere, oder zwischenmenschlichen Beziehungen erheblich beeinflussen können.

Kurzfristige Auswirkungen

Stress & Angst

Wenn Deadlines näher rücken und Aufgaben unerledigt bleiben, steigt der Druck. Der dadurch entstehende Stress kann schnell zu Angstgefühlen ausarten, und negative Gefühle wie Schuld und Frustration mit sich bringen.

Sinkende Arbeitsqualität

Aufgaben, die auf den letzten Drücker erledigt werden, sind wesentlich anfälliger für Fehler und weisen oft eine geringere Qualität und Tiefe auf. Dieser Wandel wird oft schnell akademisch oder im Beruf sichtbar.

Negative Gewohnheit

Das Aufschieben von Aufgaben bietet kurzfristig ein Gefühl der Erleichterung, da wir eine unangenehme Aufgabe vermeiden. Dieser Komfort führt jedoch dazu, dass wir uns an das Prokrastinieren als Bewältigungsstrategie gewöhnen, was das Problem langfristig verstärkt.

Langfristige Auswirkungen

Gesundheitsprobleme

Chronische Prokrastination führt über einen längeren Zeitraum hinweg zu gesundheitlichen Problemen verschiedener Art. Anhaltender Stress durch Druck und unerledigte Aufgaben erhöhen das Risiko von Schlafstörungen, Burnout, und Angstzuständen.

Niedriges Selbstwertgefühl

Wenn wir wiederholt Deadlines verpassen oder qualitativ schlechte Arbeit abliefern, entwickelt sich oft ein Gefühl der Unfähigkeit und Selbstzweifel. Diese negativen Erfahrungen verstärken intern den Glauben, nicht in der Lage zu sein, Aufgaben erfolgreich und erwartungsgemäß meistern zu können.

Fehlender Fortschritt

Prokrastination hat oft schlechtere Noten, verpasste Chancen, und manchmal sogar Jobverlust als Folge. Der mangelnde Wille, Herausforderungen anzugehen, hindern die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und führen dadurch zeitgleich zu Unzufriedenheit im eigenen Leben.

Strategien zur Überwindung von Prokrastination

Doch nun eine gute Nachricht, gegen Prokrastination kann man vorgehen. Hier sind einige bewährte Strategien für einen besseren Umgang mit Aufschieben im Alltag:

Selbstreflexion

Der erste Schritt, wie bei den meisten Problemen, ist ein umfangreicheres Verständnis des Problems. Vielleicht bist du dir noch nicht sicher, ob dein aktuelles Verhalten überhaupt als Prokrastination eingestuft werden kann - in diesem Fall schafft dieser Artikel hoffentlich Abhilfe. Also nimm dir einen Moment Zeit und versuche deine eigenen Verhaltensmuster zu erkennen und zu verstehen.

  • Deckt sich einer der drei Typen von Prokrastination mit meiner Situation?
  • Bei welchen Aufgaben prokrastiniere ich routiniert?
  • Haben diese Aufgaben eine Gemeinsamkeit?
  • Gibt es einen speziellen Auslöser der mich dazu bring, Tätigkeiten aufzuschieben?

Je öfter du dich selbst beim Prokrastinieren ertappen kannst, desto einfacher wird es die versteckten Auslöser aufzudecken. Und sobald dir deine eigenen Muster bekannt sind, kannst du gezielt dagegen vorgehen.

Zielsetzung

Klarheit über die eigenen Ziele zu haben ist ein essenzieller Aspekt um Prokrastination zu bekämpfen und Motivation zu finden. Ohne Ziele fällt es uns schwer die nötige Orientierung zu finden und einen Zusammenhang zwischen alltäglichen Aufgaben und langfristigen Plänen zu bilden. Durch diesen fehlenden Bezug und einem Mangel an resultierenden Nutzen schieben wir Aufgaben deswegen einfach auf.

Doch auch die Formulierung der Ziele selbst kann einen großen Einfluss hinsichtlich ihrer Effektivität haben. Daher empfehle ich auf ein bewährtes System wie SMART (Specific, Measurable, Achievable, Relevant, Time-bound) oder OKR (Objectives and Key results) zurückzugreifen um die besten Resultate zu erzielen.

Ein Beispiel für die SMART Methode:Ich möchte in den nächsten 4 Wochen jeden Montag jeweils 2h lang  an meinem Blog schreiben, um bis zum Monatsende mindestens 2 Artikel zu veröffentlichen.

Listen: To-Do und Done

Neben klarer Zielsetzung kann auch das erstellen von Listen ein effektives Mittel gegen Prokrastination sein. Meine zwei Favoriten sind die folgenden:

Die “To-do” Liste

Die einfache To-Do Liste hilft dabei die Aufgaben des Tages schriftlich festzuhalten, egal ob auf Papier oder digital. Sie schafft eine klare Übersicht darüber, was erledigt werden soll und gibt dem Tag somit eine Struktur. Außerdem hat man einen sichtbaren Indikator für den eigenen Fortschritt, indem man hin und wieder Tätigkeiten abhaken kann.

Tipp: Schreibe “To-do Liste schreiben” als ersten Punkt auf deine To-Do Liste, dann hast du direkt ein kleines Erfolgserlebnis, das zum Weitermachen motiviert.

Die “Done”-Liste

Während die To-do Liste zeigt, was noch zu tun ist, konzentriert sich die Done-Liste auf das, was du bereits geschafft hast. Statt zu Tagesbeginn alle Aufgaben aufzuschreiben, hältst du hier fest, was du im Laufe des Tages erfolgreich abschließen konntest. Das lenkt den Fokus von unerledigten Aufgaben auf deine Erfolge, was wesentlich gegen Selbstzweifel helfen kann. Und das Beste ist, du entscheidest welche Aufgaben es auf die Liste schaffen - von “Zähneputzen” bis “Millionär vor 12 Uhr werden” ist dir keine Grenze gesetzt.

Fazit & Impulse

Prokrastination ist ein vielschichtiges Phänomen, das aus emotionalen und kognitiven Faktoren resultieren kann und sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen auf das eigene Leben haben kann.

Der Schlüssel für eine erfolgreiche Bekämpfungsstrategie liegt darin, ein Bewusstsein für die eigenen Verhaltensmuster zu entwickeln, und anschließend in kleinen Schritten gegen diese vorzugehen. Das Stichwort hier ist “kleine Schritte” - nehme dir nicht zu viel auf einmal vor, denn zu große Etappen bergen das Risiko von Überforderung und “inaction”.

Ein guter Anfang mag vielleicht sein über die eigenen Ambitionen und Ziele nachzudenken, oder vielleicht eine überschaubare Todo-Liste zu schreiben. Versuche es doch einmal :)

Mehr als 20% der Menschen prokrastinieren regelmäßig - und ja, ich spreche aus persönlicher Erfahrung, denn dieser Artikel ist seit mindestens zwei Wochen überfällig. Denn dieses Phänomen betrifft nicht nur Schüler kurz vor einer Prüfung oder Arbeitskräfte, wenn Deadlines nahen, sondern jeden von uns früher oder später im Leben.

Doch wieso neigen wir dazu, Aufgaben aufzuschieben, obwohl uns die negativen Konsequenzen dessen bewusst sind? In diesem Artikel gehe ich der Prokrastination auf den Grund und erkläre neben den verschiedenen Ursachen und Folgen auch einige bewährte Strategien, die dabei helfen, das Aufschieben  im Alltag in den Griff zu bekommen.

Was ist Prokrastination

Prokrastination ist ein Verhaltensmuster, bei dem notwendige oder wichtige Aufgaben absichtlich verzögert werden, obwohl die negativen Konsequenzen bekannt sind. Daher handelt es sich bei diesem Phänomen um weit mehr als nur Faulheit (der reinen Abneigung gegen jegliche Aktivität) und ist oft das Resultat verschiedener psychologischer und emotionaler Faktoren.

Während das Aufschieben für eine kurzfristige Erleichterung sorgt, führt es langfristig zu Stress, Angst und weiteren Problemen aufgrund des steigenden Erledigungsdrucks.

Wie bereits erwähnt, betrifft Prokrastination alle Altersgruppen, wobei Jugendliche und junge Erwachsene besonders anfällig sind. Ein Grund dafür ist die noch nicht vollständig abgeschlossene Entwicklung des Gehirns, insbesondere in Bezug auf Selbstkontrolle und Entscheidungsfindung. Zudem verstärken hohe Anforderungen in Schule und Beruf, zusammen mit ständiger digitaler Ablenkung durch soziale Medien, diesen Effekt.

Präkrastination - das Gegenstück der Prokrastination

Die Präkrastination beschreibt den Drang, Aufgaben so schnell wie möglich zu erledigen, auch wenn der Zeitpunkt dafür weder optimal noch notwendig ist. Dies wird häufig getan, um ein Erfolgsgefühl herbeizuführen, oder Ängste die Aufgabe zu vergessen zu minimieren.

Jedoch ist auch dieses Verhalten problematisch, da voreiliges Handeln oft mit Fehlern einhergeht oder zu zusätzlichem Aufwand führt. Zudem werden wichtige Aufgaben häufig beiseite gelegt, da ständig neue, vermeintlich dringende To-dos zuerst erledigt werden.

Welche Arten von Prokrastination gibt es?

Prokrastination kommt, wie fast alles im Leben, in verschiedenen Arten und Formen. Je besser wir diese Typen verstehen und zuordnen können, desto leichter fällt es uns, diese in den Griff zu bekommen.

Aktive Prokrastination

Bei der aktiven Prokrastination schiebt eine Person Aufgaben bewusst auf, weil sie glaubt, unter Zeitdruck effizienter und produktiver arbeiten zu können.

Ein klassisches Beispiel hierfür ist das “Cramming” vor einer Prüfung:
Anstatt den Lernaufwand über zwei Wochen zu streuen, warten einige Schüler absichtlich bis zur letzten Nacht, um den vollständigen Stoff in wenigen Stunden “auf Lücke” zu lernen. (Schuldig)

Passive Prokrastination

Dem gegenüber steht die passive Prokrastination, die unbewusst und unfreiwillig stattfindet. Hier stehen fehlende Motivation, Klarheit und ein Gefühl der Überforderung im Vordergrund. Dir ist bekannt, was getan werden müsste, jedoch kann man sich nicht dazu überwinden.

Um bei unserem Schulbeispiel zu bleiben:
Der für die Prüfung relevante Themenblock scheint so umfassend und undurchsichtig, dass man nicht weiß, wo man mit dem lernen beginnen soll. Darum schiebt man die Aufgabe bis zum letztmöglichen Zeitpunkt auf.

Produktive Prokrastination: Ein Sonderfall

Bei dieser weniger bekannten Form des Aufschiebens wird die eigentliche Aufgabe durch das Erledigen von weniger dringenden Tätigkeiten hinausgezögert. Obwohl sinnvolle To-dos erledigt werden (ein klarer Vorteil gegenüber den anderen zwei Typen), vermeidet man die eigentliche Herausforderung.

Ein typisches Beispiel:
Anstatt an einer überfälligen Präsentation in nur wenigen Tagen zu arbeiten, entscheidet man sich, das Zimmer aufzuräumen, die Pflanzen zu gießen, und einkaufen zu gehen. (Ein komplett fiktives Beispiel ohne echte Grundlage  👀)

Psychologische und Emotionale Gründe für Prokrastination

Um nun etwas tiefer in die Ursachen von Prokrastination einzusteigen, betrachten wir die emotionalen und psychologischen Gründe dafür.

Emotionale Faktoren

Prokrastination ist oft das Ergebnis tiefliegender Emotionen, Einstellungen und Werte die unser Verhalten beeinflussen. Daher schauen wir uns eine Auswahl der häufigsten Ursachen genauer an.

Angstbasierte Ursachen

Angst vor Scheitern

Ein häufiger Auslöser für Prokrastination ist die Angst davor, Erwartungen nicht erfüllen zu können. Das Gefühl, einer Aufgabe nicht gerecht zu werden oder ein unterdurchschnittliches Ergebnis zu liefern, kann eine innere Blockade kreieren, die uns davon abhält, überhaupt zu beginnen.

Durch das Aufschieben der Aufgaben schützen wir unbewusst das  eigene Selbstwertgefühl. Denn wenn wir schließlich unter Zeitdruck arbeiten, und das Ergebnis nicht perfekt ist, lässt sich die Schuld einfach auf den Zeitmangel schieben und nicht auf unsere eigenen Fähigkeiten.

Angst vor Erfolg

Paradoxerweise kann auch die Angst vor Erfolg ein Grund für Prokrastination sein. Obwohl Erfolg normalerweise mit positiven Emotionen einhergeht, kann er auch höhere Erwartungen, neue Anforderungen, oder eine Veränderung des eigenen Umfelds mit sich bringen. Diese Ängste können so belastend sein, dass wir uns selbst sabotieren und vermeiden, eine neue Aufgabe zu erledigen.

Perfektionismus

Perfektionismus ist ein weiterer Faktor der Prokrastination begünstigt, und mein persönlicher Erzfeind. Durch das Setzen von unrealistischen Standards und der Angst davor, dass ein Ergebnis nicht den eigenen Erwartungen entspricht, zögert sich der Beginn einer neuen Aufgabe hinaus. Daher verfällt man oft in produktiver Prokrastination, um der eigentlichen Tätigkeit auszuweichen.

Es fällt oft schwer Entscheidungen zu treffen, da man nach der “besten Option” oder der “besten Strategie” sucht, um es gleich beim ersten Versuch richtigzumachen. Da es selten eine “beste” Lösung gibt und sich gute Resultate meist aus Trial-and-Error zusammensetzen, kommt es zu einem Teufelskreis der Aufschiebung.

Selbstzweifel und geringes Selbstwertgefühl

Ein Mangel an Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist ein weiterer Auslöser von Prokrastination. Wenn von Selbstzweifeln geplagt, fühlt man sich oft unfähig eine Aufgabe zu bewältigen, und hat Angst, dass das eigene Versagen als negative Bestätigung dieses Glaubens fungiert.

Ironischerweise führt das Prokrastinieren selbst zu einem weiteren Rückgang des Selbstvertrauens, da das eigene Aufschiebeverhalten als Versagen wahrgenommen wird. Somit entsteht ein Kreislauf der es zunehmend schwieriger macht, die ursprüngliche Aufgabe zu beginnen.

Geringe Motivation

Schlussendlich spielt auch mangelnde Motivation eine wichtige Rolle bei der Prokrastination. Wenn wir eine Aufgabe als uninteressant oder irrelevant einstufen, fällt es schwer die dafür notwendige Energie aufzubringen. Ohne ein übergeordnetes Ziel sehen wir keinen klaren Nutzen die Aufgabe zu erledigen und versetzen sie daher wiederholt zugunsten von Tätigkeiten, die sofortige Belohnungen bieten.

Psychologische Faktoren

Auch unsere Denkweise spielt neben den Emotionen eine entscheidende Rolle bei der Prokrastination. Im Folgenden betrachten wir einige der häufigsten mentalen Hürden:

Falsche Zeiteinschätzung

Die fehlerhafte Einschätzung, dass wir mehr Zeit zur Verfügung haben als tatsächlich vorhanden, oder dass eine Aufgabe weniger Zeit in Anspruch nimmt als in Wirklichkeit benötigt, verleitet oft zu aktiver Prokrastination.

Dieser optimistische Zeitplan verleiht ein falsches Gefühl von Sicherheit, sodass die Aufgabe bewusst aufgeschoben wird. Wenn die Deadline jedoch näher rückt, führt dies zur Erkenntnis, dass die Zeit nicht genügt.

Notiz: 2 Wochen sind nicht genug um das Semester zu retten

Entscheidungsmüdigkeit (Decision Fatigue)

Dieser Effekt tritt auf, wenn wir durch eine Vielzahl von Entscheidungen im Verlauf eines Tages mental erschöpft werden. Mit jeder zusätzlichen Entscheidung sinkt die Fähigkeit, rationale und klare Urteile zu fällen.

Als Folge dessen werden Entscheidungen hinausgezögert oder oft schlichtweg vermieden. Außerdem raubt uns die Erschöpfung die Willenskraft und Motivation, Aufgaben anzugehen.

Ablenkung

Ein unordentlicher digitaler oder physischer Arbeitsplatz macht es schwieriger sich auf die aktuelle Tätigkeit zu fokussieren. Der konstante Fluss von visuellen Reizen und Nachrichten (E-Mails, Social Media, …) führt dazu, dass wir wiederholt von der aktuellen Aufgabe abgelenkt werden, oder diese für andere To-dos nach hinten verschieben.

Des Weiteren baut sich durch das mehrfache Wechseln des Fokus schnell Entscheidungsmüdigkeit auf, was die Tendenz aufzuschieben weiter verstärkt.

Auswirkungen und Folgen von Prokrastination

Prokrastination hat sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen die das alltägliche Leben, die Karriere, oder zwischenmenschlichen Beziehungen erheblich beeinflussen können.

Kurzfristige Auswirkungen

Stress & Angst

Wenn Deadlines näher rücken und Aufgaben unerledigt bleiben, steigt der Druck. Der dadurch entstehende Stress kann schnell zu Angstgefühlen ausarten, und negative Gefühle wie Schuld und Frustration mit sich bringen.

Sinkende Arbeitsqualität

Aufgaben, die auf den letzten Drücker erledigt werden, sind wesentlich anfälliger für Fehler und weisen oft eine geringere Qualität und Tiefe auf. Dieser Wandel wird oft schnell akademisch oder im Beruf sichtbar.

Negative Gewohnheit

Das Aufschieben von Aufgaben bietet kurzfristig ein Gefühl der Erleichterung, da wir eine unangenehme Aufgabe vermeiden. Dieser Komfort führt jedoch dazu, dass wir uns an das Prokrastinieren als Bewältigungsstrategie gewöhnen, was das Problem langfristig verstärkt.

Langfristige Auswirkungen

Gesundheitsprobleme

Chronische Prokrastination führt über einen längeren Zeitraum hinweg zu gesundheitlichen Problemen verschiedener Art. Anhaltender Stress durch Druck und unerledigte Aufgaben erhöhen das Risiko von Schlafstörungen, Burnout, und Angstzuständen.

Niedriges Selbstwertgefühl

Wenn wir wiederholt Deadlines verpassen oder qualitativ schlechte Arbeit abliefern, entwickelt sich oft ein Gefühl der Unfähigkeit und Selbstzweifel. Diese negativen Erfahrungen verstärken intern den Glauben, nicht in der Lage zu sein, Aufgaben erfolgreich und erwartungsgemäß meistern zu können.

Fehlender Fortschritt

Prokrastination hat oft schlechtere Noten, verpasste Chancen, und manchmal sogar Jobverlust als Folge. Der mangelnde Wille, Herausforderungen anzugehen, hindern die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und führen dadurch zeitgleich zu Unzufriedenheit im eigenen Leben.

Strategien zur Überwindung von Prokrastination

Doch nun eine gute Nachricht, gegen Prokrastination kann man vorgehen. Hier sind einige bewährte Strategien für einen besseren Umgang mit Aufschieben im Alltag:

Selbstreflexion

Der erste Schritt, wie bei den meisten Problemen, ist ein umfangreicheres Verständnis des Problems. Vielleicht bist du dir noch nicht sicher, ob dein aktuelles Verhalten überhaupt als Prokrastination eingestuft werden kann - in diesem Fall schafft dieser Artikel hoffentlich Abhilfe. Also nimm dir einen Moment Zeit und versuche deine eigenen Verhaltensmuster zu erkennen und zu verstehen.

  • Deckt sich einer der drei Typen von Prokrastination mit meiner Situation?
  • Bei welchen Aufgaben prokrastiniere ich routiniert?
  • Haben diese Aufgaben eine Gemeinsamkeit?
  • Gibt es einen speziellen Auslöser der mich dazu bring, Tätigkeiten aufzuschieben?

Je öfter du dich selbst beim Prokrastinieren ertappen kannst, desto einfacher wird es die versteckten Auslöser aufzudecken. Und sobald dir deine eigenen Muster bekannt sind, kannst du gezielt dagegen vorgehen.

Zielsetzung

Klarheit über die eigenen Ziele zu haben ist ein essenzieller Aspekt um Prokrastination zu bekämpfen und Motivation zu finden. Ohne Ziele fällt es uns schwer die nötige Orientierung zu finden und einen Zusammenhang zwischen alltäglichen Aufgaben und langfristigen Plänen zu bilden. Durch diesen fehlenden Bezug und einem Mangel an resultierenden Nutzen schieben wir Aufgaben deswegen einfach auf.

Doch auch die Formulierung der Ziele selbst kann einen großen Einfluss hinsichtlich ihrer Effektivität haben. Daher empfehle ich auf ein bewährtes System wie SMART (Specific, Measurable, Achievable, Relevant, Time-bound) oder OKR (Objectives and Key results) zurückzugreifen um die besten Resultate zu erzielen.

Ein Beispiel für die SMART Methode:Ich möchte in den nächsten 4 Wochen jeden Montag jeweils 2h lang  an meinem Blog schreiben, um bis zum Monatsende mindestens 2 Artikel zu veröffentlichen.

Listen: To-Do und Done

Neben klarer Zielsetzung kann auch das erstellen von Listen ein effektives Mittel gegen Prokrastination sein. Meine zwei Favoriten sind die folgenden:

Die “To-do” Liste

Die einfache To-Do Liste hilft dabei die Aufgaben des Tages schriftlich festzuhalten, egal ob auf Papier oder digital. Sie schafft eine klare Übersicht darüber, was erledigt werden soll und gibt dem Tag somit eine Struktur. Außerdem hat man einen sichtbaren Indikator für den eigenen Fortschritt, indem man hin und wieder Tätigkeiten abhaken kann.

Tipp: Schreibe “To-do Liste schreiben” als ersten Punkt auf deine To-Do Liste, dann hast du direkt ein kleines Erfolgserlebnis, das zum Weitermachen motiviert.

Die “Done”-Liste

Während die To-do Liste zeigt, was noch zu tun ist, konzentriert sich die Done-Liste auf das, was du bereits geschafft hast. Statt zu Tagesbeginn alle Aufgaben aufzuschreiben, hältst du hier fest, was du im Laufe des Tages erfolgreich abschließen konntest. Das lenkt den Fokus von unerledigten Aufgaben auf deine Erfolge, was wesentlich gegen Selbstzweifel helfen kann. Und das Beste ist, du entscheidest welche Aufgaben es auf die Liste schaffen - von “Zähneputzen” bis “Millionär vor 12 Uhr werden” ist dir keine Grenze gesetzt.

Fazit & Impulse

Prokrastination ist ein vielschichtiges Phänomen, das aus emotionalen und kognitiven Faktoren resultieren kann und sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen auf das eigene Leben haben kann.

Der Schlüssel für eine erfolgreiche Bekämpfungsstrategie liegt darin, ein Bewusstsein für die eigenen Verhaltensmuster zu entwickeln, und anschließend in kleinen Schritten gegen diese vorzugehen. Das Stichwort hier ist “kleine Schritte” - nehme dir nicht zu viel auf einmal vor, denn zu große Etappen bergen das Risiko von Überforderung und “inaction”.

Ein guter Anfang mag vielleicht sein über die eigenen Ambitionen und Ziele nachzudenken, oder vielleicht eine überschaubare Todo-Liste zu schreiben. Versuche es doch einmal :)

Praktische Tipps & PDF-Zusammenfassung des Artikels

  • Selbstreflexion: Analysiere regelmäßig deine Prokrastinationsmuster, um Auslöser und Verhaltensweisen zu erkennen.
  • SMART-Ziele setzen: Formuliere klare und erreichbare Ziele für jede Aufgabe, die du aufschiebst.
  • To-Do- und Done-Listen: Nutze tägliche To-Do- oder Done-Listen, um Fortschritte sichtbar zu machen und motiviert zu bleiben
Zusammenfassung
Tobi H.

Wissenschaftler & Content manager im EfficiencyLab

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