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Prokrastination
23.12.24

Prokrastination bekämpfen: Die Rolle des Perfektionismus

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Perfektionismus fühlt sich produktiv an: hohe Standards, Liebe zum Detail, Streben nach Exzellenz.

Doch all das hat einen Haken: Wenn Perfektion das Ziel wird, gerät das Handeln ins Stocken. Aufgaben bleiben links liegen. Deadlines werden verpasst. Fortschritt stagniert.

Dabei geht es bei Perfektionismus nicht unbedingt darum, effizienter vorzugehen, sondern um eine Angst vor dem Versagen, die Prokrastination fördert.

Deswegen schlüsseln wir in diesem Artikel auf, wie genau Perfektionismus zu Prokrastination führt, welche Konsequenzen daraus resultieren und mit welchen Methoden wir dem Ganzen ein Ende bereiten können.

Definition: Ist Perfektionismus gut oder schlecht?

Perfektionismus … klingt doch harmlos oder sogar positiv! Schließlich motiviert uns das Streben nach Verbesserung Tag für Tag aufs Neue.

Doch hier ist die harte Wahrheit: Perfektionismus hat wenig damit zu tun, unser Bestes zu geben, sondern damit, Versagen um jeden Preis zu vermeiden.

Sobald sich die Sorgen, Erwartungen zu unterbieten, breitmachen, ist das Resultat immer dasselbe: Nichts wird erledigt und kein Fortschritt wird erzielt.

Was steckt wirklich hinter Perfektionismus? Dahinter steckt eine Denkweise, die von unerreichbar hohen Standards und einer gefährlichen Gleichung getrieben wird: Selbstwert = Erfolg.

Wenn der Beitrag nicht fehlerlos ist, fühlt sich der Perfektionist wie ein Versager - persönlich, nicht nur im professionellen Kontext.

Dieser Druck hat eine lähmende Wirkung. Während kontinuierliches Streben unser Wachstum fördert, verlangt krankhafter Perfektionismus “alles” oder “nichts”. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Prokrastination einsetzt.

Der Zyklus sieht folgendermaßen aus:

  1. Es werden unrealistisch hohe Erwartungen gesetzt.
  2. Sorgen entstehen, dass man den Ansprüchen nicht gerecht wird.
  3. Die Aufgabe wird hinausgezögert, um Scheitern zu vermeiden.
  4. Die nahende Deadline erzeugt Stress und Schuldgefühle.
  5. “Wenn ich es nicht perfekt machen kann, dann sollte ich gar nicht erst beginnen” setzt sich als Glaubenssatz durch.

Und das Schlimmste? Es spielt keine Rolle, wie talentiert oder fähig man tatsächlich ist. Perfektionismus überzeugt dich von dem Gegenteil.

Zyklus der Perfektionismus-Prokrastination anhand der 5 vorherigen Schritte

Der Weg von Perfektion zu Prokrastination

Schauen wir uns ein konkretes Beispiel an. Du arbeitest an einer Präsentation. Anstatt verschiedene Ideen auszuprobieren und sie iterativ zu verbessern, bist du auf das finale Produkt fixiert. Jede Slide muss perfekt sein. Jede Überschrift, jedes Wort, jedes Bild.

Durch den Druck stehst du vor einer unmöglichen Aufgabe. Du redest dir ein, dass du “einfach ein wenig mehr Planung benötigst” oder “Gerade nicht der richtige Zeitpunkt ist.” Tage vergehen. Keine Veränderung. Der Stress steigt.

Das ist perfektionismusgetriebene Prokrastination: Angst vor Imperfektion, die in vollständiger Vermeidung endet. Vermeidung führt zu überstürzten Abgaben, Leichtsinnsfehlern oder schlimmer, zu nichts. Die ultimative Form der Selbstsabotage.

Hinweis: An diesem Punkt fällt mir auf, wie duster die Situation aktuell klingt. Kopf hoch, ich bin (leider) auch einer der betroffenen. Wir schaffen das!

Anzeichen eines Perfektionismus-Prokrastination-Zyklus

Unsicher, ob Perfektionismus hinter deiner Prokrastination steckt? Hier ist eine Handvoll klarer Indizien:

  • Unentschlossenheit: Du hast Probleme, Aufgaben anzufangen oder zu beenden, weil du dir den Kopf über jede Entscheidung zerbrichst
  • Übermäßiger Detailfokus: Du verbringst Stunden damit banale Dinge zu überarbeiten, anstatt das Projekt voranzubringen
  • Vermeidungsverhalten: Du sträubst dich vor dem Anfangen, um Versagen zu vermeiden
  • Überforderung: Große Aufgaben scheinen unüberwindbar zu sein, weshalb du gar nichts tust
  • Angst vor Verurteilung: Du hast Angst davor, wie andere deine Arbeit wahrnehmen, wenn sie “nicht gut genug” ist

Selbsttest gefällig? Ähnlich wie bei der Prokrastination gibt es auch für Perfektionismus wissenschaftliche Grundlagen, um dein Verhalten zu quantifizieren:

  • Frost Multidimensional Perfectionism Scale (FMPS): Misst Besorgnis hinsichtlich Fehler, persönlicher Normen und Erwartungen der Eltern.
  • Hewitt and Flett Multidimensional Perfectionism Scale (HMPS): Bewertet den Selbst-, Fremd-, und Gesellschaftsanteil des Perfektionismus.
  • Almost Perfect Scale-Revised (APS-R) : Ermittelt, ob Perfektionismus im gesunden oder unangemessenen Rahmen vorliegt.

Der APS-R Test kann kostenlos und ohne Anmeldung auf unserer Webseite gemacht werden. Willst du es einmal versuchen?

Psychologische und emotionale Ursachen von Perfektionismus

Doch warum hat Perfektionismus so viel Kontrolle über uns? Im Kern hängt Perfektionismus mit tiefen, oft unausgesprochenen Ängsten zusammen - Ängste, die unser Verhalten diktieren und Panik stiften.

Um Perfektionismus wirklich in Angriff zu nehmen, müssen wir verstehen, was in unserem Kopf vorgeht.

Angst: Die treibende Kraft

Angst vor dem Versagen. Angst vor Kritik. Angst, nicht zu genügen. Bei diesen drei Beispielen geht es nicht um kurzfristige Zustände für Perfektionisten, sondern bleibende Befürchtungen.

Stelle dir vor, du arbeitest an einem Projekt mit der Überzeugung: “Wenn es nicht perfekt ist, werde andere enttäuscht von mir sein”. Allein dadurch erhöht sich der Druck unerträglich.

  • Externe Erwartungen: Die Angst, wie andere Leute uns wahrnehmen - Kollegen, Familie, Freunde - kann selbst die motivierteste Person ausbremsen. “Was, wenn sie die Fehler sehen?” Was wenn ich in ihren Augen ungenügend dastehe?
  • Interne Erwartungen: Perfektionisten setzen sich selbst unerreichbar hohe Standards. Das Nichterreichen fühlt sich wie ein vollständiges persönliches Versagen an.

Es entsteht eine fatale Kombination: Anfangen fühlt sich überwältigend an, weil vielleicht ein Versagen droht. Nicht anzufangen verursacht mehr Schuldgefühle und Angst. Eine klare Lose-Lose Situation und je länger dieser Zustand anhält, desto stärker werden die Emotionen.

Kognitive Verzerrungen: Die Alles-oder-Nichts-Einstellung

Perfektionismus verzerrt unsere Realität. Alles ist entweder schwarz oder weiß, Erfolg oder Versagen. Es bleibt kein Raum für “grau” oder “gut genug”.

Diese Denke bezeichnet man auch als Alles-oder-Nichts-Einstellung

  • Wenn die Präsentation nicht fehlerlos ist, ist sie ein Desaster
  • Wenn der Bericht nicht bahnbrechend ist, ist er eine Zeitverschwendung
  • Wenn das Kunstwerk nicht perfekt ist, sollte es erst gar nicht existieren

Durch diese Gedanken entsteht eine geistige Blockade. Anstatt den eigenen Aufwand und Fortschritt anzuerkennen, sehen Perfektionisten lediglich was fehlt.

Deswegen fühlt sich sowohl der Anfang als auch der Abschluss einer Aufgabe sinnlos an.

Wieso das ganze?

Wenn Angst und verzerrtes Denken das Steuer übernehmen, wird Prokrastination eine Bewältigungsstrategie. Eine Aufgabe hinauszuzögern bewahrt uns zwar vor einem Risiko, verstärkt jedoch auch bestehende Sorgen.

Ein Bewusstsein für dieses Verhalten ist der erste Schritt zur Besserung. Indem wir die verfälschten Wahrnehmungen und Befürchtungen hinterfragen, entpuppen sie sich langsam als Ansichten, nicht Fakten.

Psychische Folgen von Perfektionismus-Prokrastination

Perfektionismus hat einen hohen Preis. Neben unfertigen Aufgaben, mangelnder Qualität und verpassten Deadlines macht sie nämlich nicht bei der Produktivität halt.

Chronischer Stress und sogar Burnout sind häufige Begleiter dieses Verhaltensmusters. Durch die unerbittliche Suche nach Fehlerlosigkeit verbrauchen wir sowohl unsere mentale als auch emotionale Energie und sabotieren damit das eigene Wohlbefinden.

Hierbei ist es essenziell zu verstehen, dass Perfektionismus-getriebene Prokrastination nur einer von mehreren Typen ist.

  • Angstbasierte Prokrastination hat ihren Ursprung in externen Bedrohungen.
  • Entscheidungsbasierte Prokrastination ist durch Unsicherheit und Entscheidungsschwierigkeiten getrieben.
  • Perfektionismus-basierte Prokrastination hingegen ist intrinsisch motiviert und in selbst auferlegten hohen Standards oder Angst vor Imperfektion verwurzelt.

Tipps & Übungen gegen Perfektionismus

Perfektionismus besteht aus einer entscheidenden Unwahrheit: Wenn du es nicht perfekt machen kannst, fange gar nicht erst an.

Es ist Zeit, diesen Glaubenssatz hinter uns zu lassen. Fortschritt, egal wie klein, ist das, was zählt. Um dorthin zu gelangen, müssen wir jedoch unsere Einstellung abändern, Aufgaben unvollkommen lassen und freundlicher mit uns selbst umgehen.

Eine andere Einstellung: Imperfektion als Notwendigkeit

Reframe Fehler

Fehler sind kein Beweis für das eigene Scheitern, sondern ein notwendiger Teil des Lernprozesses. Indem wir uns mit verschiedenen Problemen im Verlauf eines Projektes auseinandersetzen, können wir zu wertvollen Einsichten kommen und auf ein besseres Endresultat hinarbeiten.

Thomas Edison, der Erfinder der Glühbirne, tat dies nicht bei seinem ersten Versuch. Laut eigenen Aussagen fand er “tausende Wege, die nicht funktionierten” bevor er seinen großen Durchbruch erreichte.

Hinterfrage unrealistische Standards

“Es muss perfekt sein” ist eine gefährliche Einstellung. Stattdessen sollten wir mit einer “Einfach anfangen, und später verbessern”-Mentalität an Aufgaben herangehen. Handeln schafft Klarheit - Klarheit über nächste Schritte, Verbesserungen, und Alternativen.

Praktische Tipps: Handeln statt Perfektion

“Gut genug”-Benchmarks

Anstatt sofort ins kalte Wasser zu springen, kannst du mit “minimum viable goals” starten.

  • “Schreibe den perfekten Bericht” wird zu “Verfasse eine grobe 100 Wörter Inhaltsangabe”
  • “Meistere die Präsentation” wird zu “Entwerfe die 3 ersten Slides”

“Gut genug” ist ein Anfang, und auf keinen Fall das finale Resultat. Jedoch bringen kleine Vorsätze wie diese den Ball ins Rollen und bauen Momentum auf.

Geübte Unvollkommenheit

Eine andere Möglichkeit ist es, die eigene Toleranz für Unvollkommenheit mit nebensächlichen Aufgaben zu trainieren. Male eine schlechte Skizze. Schreibe einen unübersichtlichen Text, ohne ihn zu bearbeiten. Koche ein Rezept, ohne aufs Gramm genau abzumessen.

Das Ziel dahinter? Sich selbst zu beweisen, dass unvollkommene Dinge kein Desaster sind und teilweise sogar ein befreiendes Gefühl mit sich bringen.

Zeitgebundene Produktivität

Perfektionisten lieben endloses optimieren. Deswegen limitieren wir mit dieser Methode die Zeit, die wir für einen ersten Entwurf bekommen.

Mithilfe eines 25 Minuten Pomodoro-Timers setzen wir einen kontrollierten Rahmen um produktiv zu arbeiten und erschweren Perfektionismus sich einzuschleichen.

Mitgefühl: Sei dein eigener Verbündeter

Die Angewohnheit, perfektionistisch zu sein, ist hart. Sie fordert das Unmögliche und kritisiert unfertige Zwischenstände schonungslos.

Wo bleibt das eigene Mitgefühl? Würdest du einen Freund direkt verurteilen, wenn er einen kleinen Fehler macht? Wahrscheinlich nicht. Folglich sollten wir uns mit derselben Nachsicht entgegenkommen.

Unsicher wie? Hier sind einige Ideen:

  • Positive Bestätigungen: Versuche dich selbst in negativen Denkmustern zu fangen und ersetze “Ich bin nicht gut genug” mit “Ich mache Fortschritt und verbessere mich”.
  • Feiere unvollkommene Ziele: Hast du einen Zwischenschritt erreicht? Auch wenn das Produkt noch nicht vollständig ist, gib dir selbst die verdiente Anerkennung. Du hast angefangen, und es durchgezogen

Externe Unterstützung

Du musst dieses Problem nicht allein bewältigen. Teile die Einflüsse von Perfektionismus auf deinen Alltag mit einem engen Freund, Mentor oder Therapeuten. Manchmal benötigt man eine externe Perspektive um auf Muster und Lösungen zu stoßen, die zuvor unentdeckt geblieben sind.

Ähnlich wie im Rahmen starker Prokrastination kannst du im Notfall auf professionelle Unterstützung zurückgreifen. Zum Beispiel kann dir kognitive Verhaltenstherapie (CBT) dabei helfen perfektionistische Denkmuster in Frage zu stellen und dein Verhalten nachhaltig abändern.

Was nehmen wir mit? Fortschritt ist das Ziel, nicht Perfektion. Durch eine langsame Anpassung der Einstellung, groben ersten Schritten, und einer Handvoll Nachsichtigkeit kommen wir diesem näher. Je früher du damit beginnst, desto schneller entkommst du den Fängen des Perfektionismus und kannst Projekte ohne hindernde Hintergedanken starten.

Fazit

Perfektionismus ist eine Falle, kein Orden. Im Verlauf dieses Artikels haben wir sowohl Ursachen, namentlich Angst vor Versagen und hohe Standards, als auch Folgen umfassend beleuchtet.

Um diese Herausforderung durch praxisnahe Methoden zu überwinden müssen wir klein Anfangen, Unvollkommenheit tolerieren und Fortschritt aus Priorität sehen.

Jetzt bist du am Zug: In welchen Lebensbereichen handelst du perfektionistisch? Beginne an dieser systematisch deine ersten Ergebnisse zu erzielen!

Häufig gestellte Fragen

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Praktische Tipps & PDF-Zusammenfassung des Artikels

  • Setze dir "Gut genug" Benchmarks für drei Aufgaben an den du aktuell arbeitest
  • Versuche Unvollkommenheit durch kleine Aktivitäten zu trainieren
  • Probiere die Pomodoro-Methode aus. Möglicherweise passt sie deinem Workflow :)
Zusammenfassung
Tobi H.

Wissenschaftler & Content manager im EfficiencyLab

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