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Prokrastination
31.3.25

Prokrastination: Zahlen, Daten, Fakten

Notiz: Dieser Blogpost enthält Affiliate Links. Diese sind mit "*" gekennzeichnet

Wenn es um Prokrastination geht, stellen wir uns instinktiv ein abstraktes Konzept vor. Jedoch versuchen wir dieses in diesem Artikel ein wenig greifbarer zu machen - nämlich anhand von konkreten Zahlen und Statistiken. Außerdem haben wir neben den öffentlichen Informationen zusätzlich in Zusammenarbeit mit unseren Lesern ein kleines Experiment gestartet und eigene Daten erhoben.

Anmerkung: Während Statistiken eine quantitative Perspektive bieten, verraten sie oft nicht die volle Geschichte. Schließlich handelt es sich bei Prokrastination immer noch um ein sehr individuelles und emotionales Verhaltensmuster.

Die aktuelle Landschaft der Prokrastination

Starten wir gleich hinein. Während Prokrastination in den 1970er Jahren noch ein überschaubar kleines Phänomen war, bei dem 5% der Befragten betroffen waren, ist dieser Prozentsatz in 2020 auf 20% angestiegen. Das bedeutet intuitiv, dass aktuell viermal so viele Personen angeben, aktiv unter Prokrastination zu leiden.

Da Prokrastination nicht gleich Prokrastination ist, können wir die Daten in fünf Kategorien unterteilen, um einen genaueren Einblick zu bekommen:

Die 5 Kategorien von Prokrastination als Kreisdiagramm

Doch wie ist es zu dieser Situation gekommen? Und welche Faktoren können hinter dem umfassenden Anstieg von Prokrastination liegen?

Digitale Ablenkungen als Auslöser

Während es naiv wäre, digitale Ablenkungen als den einzigen Einflussfaktor zu nennen, haben Smartphones, das Internet und soziale Medien grundlegend verändert, wie wir im Alltag mit Technologie interagieren (und vor allem wie oft). Der einfache Zugriff auf unlimitierte Mengen an Inhalten macht es einfacher denn je, nicht konzentriert und fokussiert zu bleiben und Pflichten auf später zu verschieben.

Diese Erkenntnis wird durch eine Studie gestützt, bei der 50.7% der Teilnehmer angaben, das Internet (in irgendeiner Form) zum Prokrastinieren zu nutzen. Doch in diesem Fall beschränkt sich das “Problem” nicht nur auf eine Situation. Eine weitere Studie gibt an, dass sowohl zu Hause als auch in der Schule bzw. am Arbeitsplatz ein großer Anteil der Prokrastination mit dem Internet zusammenhängt.

Zeit der Prokrastination, die durch Internetnutzung abgedeckt wird:

Während die prokrastinierte Zeit je nach Bereich variieren mag, pendelt sich der Anteil der Internetnutzung in der Arbeit bei 32% und in der Schule bei 40% ein. Zuhause hingegen liegt der Prozentsatz mit 57% wesentlich höher.

Fun FactBei digitalen Ablenkungen handelt es sich um eine Teilkategorie der Umwelt-Auslöser.

Prokrastination in unterschiedlichen Kontexten

Wie bereits in diesem (und anderen Artikeln) angeschnitten, ist Prokrastination nicht auf einen Lebensbereich beschränkt. Egal ob es um die Schule, die Arbeit, ein persönliches Projekt oder das Einkaufen an einem März-Montag um 13:26 handelt, verfällt man gelegentlich in dieses unsichtbare Verhaltensmuster.

In diesem Fall betrachten wir das akademische und das Arbeitsumfeld im Detail.

Akademische Prokrastination

Leider gibt es noch keine Studien, die beweisen wie effektiv Red-Bull und ein All-Nighter vor einer Klausur am nächsten Tag gegen Prokrastination helfen. Dennoch steht eines fest: Studenten gehören mit zu den am stärksten betroffenen Gruppen, wenn es um das Aufschieben geht. Studien zeigen, dass 80%-95% der untersuchten Studenten regelmäßig prokrastinieren und 50% sogar unter chronischer Prokrastination leiden.

Diese Tendenz zu prokrastinieren variiert jedoch ein wenig je nach Aufgabe:

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Des weiteren gaben Befragte an, dass beinahe ein Drittel ihrer täglichen Aktivitäten von Prokrastination in Form von Schlafen, TV, Social Media und Videospielen eingenommen werden. Pflichten werden für Erholung oder andere weniger dringliche Tätigkeiten verschoben.

Folgen

Daraus folgt das unvermeidliche. Rund 80% der Studenten geben an, dass Prokrastination negative Auswirkungen auf sie hat, z.B. in Form von Angstzuständen, Überforderung, Stress oder Depressionen.

Zusätzlich verweisen unzählige Studien auf den schlechten Einfluss von Prokrastination auf die akademischen Leistungen:

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Also fassen wir zusammen: Studenten sind besonders stark von Prokrastination betroffen und finden sich oft in einem endlosen Zyklus wieder, der schwer zu durchbrechen ist. Dieser hat einen messbaren negativen Einfluss auf die akademischen Leistungen und die mentale Gesundheit.

Arbeitsumfeld

Leider sieht es im Arbeitsumfeld nicht wesentlich besser aus. Auch dieses umfasst hohe Erwartungen, Zeitdruck und weitere Faktoren, die Prokrastination begünstigen und fördern.

Bei einer Erhebung gaben 88% der Arbeitnehmer an, dass sie regelmäßig prokrastinieren. Dieser Wert steht im Kontrast zu dem Wert der Arbeitslosen, welcher sich auf 57% beschränkt.

Folgen

Ähnlich wie im akademischen Umfeld hat Prokrastination einen eindeutigen Einfluss in der Arbeit. Eine Steigerung von einem Punkt auf einer 5-Punkte-Skala, die Prokrastinationsverhalten misst, führt zu einem ungefähren Rückgang des Jahresgehalts um $15.000 (Stand 2013).

Zusätzlich hat die Covid-19-Pandemie den Trend in Richtung Home-Office gesetzt. In diesem Umfeld sind Arbeitnehmer zusätzlichen Ablenkungen ausgesetzt und 12.4% gaben an, dass sich ihre Prokrastination nennenswert verschlimmerte.

Alles in allem hat Prokrastination einen signifikanten Einfluss im Arbeitsalltag und lässt sich sogar monetär durch entgangenes Einkommen abbilden.

Statistiken unserer Leser

Da wir nun die allgemeine Situation kennen, betrachten wir unser eigenes Experiment und ziehen den Vergleich. Im Verlauf der vergangenen Monate haben wir im Rahmen unserer Prokrastinationstests in Kollaboration mit unseren Lesern Einsendungen gesammelt, welche wir nun analysieren können.

Dabei betrachten wir zuerst, wie viele Einsendung pro Formular gesammelt wurden:

Säulendiagramm mit den Einsendungen pro Selbquiz-Formular

Wie aus der Grafik hervorgeht, waren die “General Prokrastination Scale” und die “Tuckman Procrastination Scale” am beliebtesten. Aufgrund dessen haben wir nur bei diesen beiden Skalen genug Daten, um aussagekräftige Schlüsse zu ziehen. Vielleicht schauen wir uns beim nächsten Mal auch die anderen Fragebögen an :)

Die General Procrastination Scale

Bei der “General Procrastination Scale” handelt es sich um einen wissenschaftlich fundierten 20-Fragen-langen Fragebogen, der das Prokrastinationsverhalten in die Kategorien “Niedrig”, “Moderat”, “Hoch” und “Sehr hoch” einordnet.

Über die 51 Einsendung hinweg ergeben sich die folgenden durchschnittlichen Ergebnisse pro Frage:

Durchschnittlicher Score je Frage des GPS Fragebogens

Während sich die Werte im groben um den allgemeinen Durchschnitt 2.6 bewegen, sticht vor allem die zweite Frage “Ich verpasse oft Konzerte, Sportveranstaltungen oder Ähnliches, weil ich es nicht rechtzeitig schaffe, Karten zu kaufen.” heraus.

Mögliche Erklärungen könnten sein, dass viele Leute nicht regelmäßig genug Konzerte / Veranstaltungen besuchen, um diesem Problem ausgesetzt zu sein, oder dass das Kaufen einer Karte mehr in den Bereich der Freizeit fällt und deswegen mit Vorfreude erledigt wird, anstatt in Prokrastination zu enden.

Außerdem haben wir uns die Verteilung der Auswertung der GPS angeschaut:

Ergebnisverteilung der GPS Skala

Hier können wir den vorher aufgezeigten Trend beobachten. Die meisten Leser sind im Alltag von Prokrastination betroffen, wobei die Vielzahl (78.4%) im Bereich “Niedrig” oder “Moderat” liegt. Dennoch wurden knapp 21.6% der Einsendungen einer hohen oder sehr hohen Tendenz zugeordnet.

Die Tuckman Procrastination Scale

Bei der “Tuckan Procrastination Scale” sehen wir ähnliche Resultate, wenn auch ein klein wenig anders. Diese Skala stuft das Prokrastinationsverhalten in nur drei Kategorien “Niedrig”, “Moderat” und “Hoch” ein und fokussiert sich auf sowohl verhaltensbezogene als auch kognitive Faktoren.

Über 43 Einsendungen hinweg hat sich das folgende durchschnittliche Ergebnis pro Frage ergeben:

Durchschnittlicher Score pro Frage bei der TPS Skala

Anders als bei der GPS, weicht keiner der Werte nennenswert vom Durchschnitt 2.3 ab.

Wenn wir einen Blick auf die Verteilung der Auswertung werfen, beobachten wir ein sehr ähnliches Bild wie bei der GPS:

Durchschnittliches Ergebnis der TPS Skala

Die Mehrzahl (81.4%) an Einsendungen bündelt sich im Bereich der Kategorien “Niedrig” und Moderat”, während nur ein kleinerer Anteil (18.6%) als “Hoch” eingestuft wurde.

Anmerkung zur Datenerhebung

Doch was sagen uns diese Daten nun genau? Und wie passen diese Resultate zu tatsächlichen wissenschaftlichen Studien?

In erster Linie ist es wichtig die Daten in dem richtigen Kontext zu betrachten. Es handelt sich nicht um eine klar strukturierte und vorsichtig durchgeführte wissenschaftliche Studie, sondern ein interessantes Experiment eines Bloggers. Außerdem befasst sich dieser Blog primär mit Prokrastination, weswegen es wahrscheinlicher ist, dass Personen mit bestehenden (vielleicht sogar überdurchschnittlichen) Prokrastinationstendenzen das Quiz absolvieren.

Daher entsprechen die vorliegenden Daten nicht im entferntesten den rigorosen Standards einer tatsächlichen unabhängigen Stichprobe. In kurz, die Daten könnten stark verzerrt sein.

Dennoch wagen wir eine Interpretation:

Die Mehrheit der Einsendungen konzentriert sich im Bereich der niedrigen bis mittleren Prokrastination, was mit dem allgemeinen Konsens übereinstimmt. Die meisten Menschen erleben Prokrastination nicht in einem extremen Ausmaß, sondern als Nebeneffekt im alltäglichen Leben. Nur ein (kleinerer) Anteil der Menschen leidet exzessiv unter sehr hoher Prokrastination.

Leider können wir keine Aussage darüber machen, welcher Prozentsatz der Leser prokrastiniert. Die Tests gleichen lediglich das Level an Prokrastination ab, vorausgesetzt, dass eine Person prokrastiniert. Eine Kategorie “Ich prokrastiniere nicht” ist somit nicht enthalten.

Ursachen und Erklärungen der Prokrastination

Schauen wir uns nun eine Zusammenstellungen möglicher Befunden an, die das Prokrastinationsverhalten und die vorherigen Statistiken teilweise erklären könnten.

  • Die Charakteristiken einer Aufgabe (z.B. Relevanz) haben gemäß 50% der Befragten einen Einfluss auf die Prokrastination. Mehr dazu in unserem Artikel über Aufgaben-Auslöser.
  • Bei 8% der Probanden einer weiteren Studie wurde niedriges Selbstvertrauen als Auslöser genannt.
  • Außerdem gaben circa 12% Versagensangst als einen Hauptauslöser an. In einer anderen Studie wurde diese Beziehung mit einer positiven Korrelation von 0.18 bestätigt.
  • Auch Perfektionismus hat mit einer Korrelation von 0.23 einen positiven Einfluss auf das Prokrastinationsverhalten.
  • Eine weitere Studie fand heraus, dass — basierend auf der Antwort der Frage “No matter how much I try, I still put things off” — Prokrastination oft als eine unfreiwillige Reaktion auftritt.
  • Obwohl eine hohe Gewissenhaftigkeit — also das Bewusstsein über das eigene Prokrastinationsverhalten — negativ mit Prokrastination selbst korreliert ist, gaben in einer anderen Studie 75% der Studenten an, Prokrastinierer zu sein. Ein Bewusstsein schützt daher augenscheinlich nicht vollständig vor Prokrastination.
Schon gewusst?Laut einer Studie nannten 6.4% der Leute den Nervenkitzel, etwas erst in letzter Minute zu erledigen, als Prokrastinationsgrund.

Fazit

Was können wir nun sagen? Unsere Leser sind von Prokrastination betroffen, wenn auch nicht in einem überdurchschnittlichen Ausmaß. Des Weiteren ist das Aufschieben vor allem im Arbeitsalltag und auch im akademischen Umfeld weit verbreitet.

Doch bereits ein wenig Wissen in diesem Bereich geht einen langen Weg. Lies dir gerne einen weiteren Artikel durch, um spezifische Strategien und Ursachen dieses Verhaltens kennenzulernen.

Quellen

Praktische Tipps & PDF-Zusammenfassung des Artikels

  • Prokrastination ist in fast jedem Lebensbereich verbreitet
  • Die Verbreitung von Prokrastination unterliegt einem positiven Trend
Zusammenfassung
Tobi H.

Wissenschaftler & Content manager im EfficiencyLab

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